Unter Druck

Eine fiktive Geschichte über aktuelle Technologie-Themen mit echten Vorbildern.

Von Alex Ruby [~ 10-15 min]

Ingrid_FosterIngrid Foster wand sich heftig hin und her. Jemand zerrte an ihren Kleidern. Sie sah nur eine schemenhafte Gestalt, konnte kein Gesicht erkennen. Es musste ein Mann sein, der Kraft nach zu urteilen. Sie versuchte verzweifelt, dem eisernen Griff zu entkommen. Schweiß lief ihr den Rücken hinab. Sie spürte, dass der Ärmel ihres Pullovers zum Reißen gespannt war. Wie Nebelschwaden im September kroch Panik in ihr empor. Plötzlich verlor sie das Gleichgewicht.

„Ist alles in Ordnung bei Ihnen?“, hörte sie jemanden fragen. Ingrid schüttelte den Kopf. Ihr ganzer Körper war angespannt. Doch die ruckartige Bewegung veränderte alles. Sie öffnete die Augen und erinnerte sich.

Diese verdammten Körperscanner am Flughafen. Eigentlich sollten sie dazu dienen, den Passagieren ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Doch die aktuellen Geräte konnten ausgetrickst werden und man fühlte sich ohnmächtig den durchdringenden Blicken der Kameras ausgeliefert. Ingrid lächelte ihren Sitznachbarn verlegen an. Sie war auf dem Rückflug von Edinburgh, wo sie sich nach der Messe ein paar freie Tage gegönnt hatte. Wie trübes Wetter doch die Stimmung beeinflussen konnte.

UnterDruck2Im Büro wartete Stefan bereits auf sie, braun gebrannt, sein blondes Haar noch heller als sonst. Wahrscheinlich war er im Urlaub seiner Leidenschaft nachgegangen und hatte unter der Sonne des Mittelmeers Körbe geworfen oder Football gespielt. Er war seit Anfang des Jahres bei ihnen und für die Partnerbetreuung zuständig. Es war nicht sein erster Job und er war mit ausgezeichneten Referenzen gekommen. Zu Recht, wie sich bisher gezeigt hatte. Stefans Stärke lag in seiner offenen und ehrlichen Natur. Die wichtigsten Eigenschaften beim Aufbau vertrauensvoller Geschäftsbeziehungen.

„Was hältst du denn von Atieva?“, fragte sie ihn. „Schwer zu sagen“, antwortete er. „Die fliegen noch unter dem Radar. Geldsorgen haben sie nicht, heißt es. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die insgeheim von jemandem wie Apple finanziert werden, ohne sich dessen richtig bewusst zu sein. Die Schatztruhen der IT-Riesen sind randvoll. Über eine versteckte Beteiligung einer Mittlerfirma könnten die sich unerkannt Know-how einkaufen. Es macht ja Sinn, die Entwicklung eines komplett neuen autonomen Fahrzeugs mit Elektroantrieb auf der grünen Wiese hochzuziehen. Ein OEM könnte da auch gut seine Finger mit im Spiel haben, selbst wenn Ex-Tesla-Leute und ein hohes Tier aus dem Forschungslabor von Volkswagen im Silicon Valley schon an Bord sind.“

Sie nickte. „Möglich. Oracle vielleicht wegen des roten Logos? Vom Stil her sieht die Webseite eher nicht nach Apple aus. Die von Faraday Future schon eher“, sagte Ingrid und reichte ihm den Tablet-PC. UnterDruck4Es würde sie nicht wundern, wenn diese Firmen nach außen nur der Ablenkung von den eigentlichen, hochgeheimen Aktivitäten eines IT-Riesen dienten und in ein paar Jahren medienwirksam aufgekauft wurden. Die Zukunft der Mobilität blieb spannend.

Selbst Firmen wie Sony oder Dyson dachten über Autos nach und immer wieder tauchten neue Firmen auf. Deren auf Hochglanz polierte Webseiten waren schick und mit ansprechenden Designervideos aufgemotzt, ließen jedoch nur erahnen, worum es sich handelte. Genau wie bei ihnen selbst.

Auch sie waren noch im Stealth Modus unterwegs, um die wichtigsten Spieler in Position zu bringen und das Firmenfundament zukunftsfähig aufzubauen. Allerdings ohne Webpräsenz und goldenem Klingelschild, dafür mit eigenem Labor und Makerspace. Nachhaltige Innovationsförderung wie Wolfgang sie sich vorstellte, war kein Unterfangen, das man mal eben nur mit ein paar flippigen Nerds auf die Beine stellte. Neben einem Netzwerk aus Partnern und Konzernen musste ein ganzes Eco-System aufgebaut werden. Es machte es nicht einfacher, dass ihr Investor nur aus der Ferne mitwirkte und sich vom öffentlichen Leben zurückgezogen hatte.

Stefan drehte das Tablet hin und her. „Vielleicht hast du recht“, schmunzelte er. Aktuell teilten Ingrid und er sich die Aufgaben in der Partnerakquise. Doch zukünftig würde er den Bereich mit einem eigenen Team übernehmen und sie sich auf Personal- und Office-Management konzentrieren. Sie musste nicht mehr im Rampenlicht stehen und auf jedem Event dabei sein. Die Zeiten waren Jahre her und vorbei, so schön sie auch gewesen waren. Das Gespräch mit Julia auf der Messe hatte sie wieder daran erinnert, wie aufregend das Leben früher gewesen war und wie sie keine Standparty ausgelassen hatte, auch wenn die Nacht deswegen nach drei Stunden vorbei war.

UnterDruck6Ingrid hoffte sehr, dass Julia zu ihnen wechseln würde. Mit ihrer Professionalität, aber auch ihrer Empathie wäre sie eine Bereicherung für das Team. Das hatte Julias Antwort am Tag danach mit Details zu ihrem Bekannten und seinem Exoskelett gezeigt. „Willst du zu diesem dreitägigen Startup-Event in München gehen?“, riss Stefan sie aus ihren Gedanken.

„Das auf der Messe und dem Oktoberfest?“, fragte Ingrid. „Das überlass ich dir. Ich gehe lieber auf die Konferenz nach Berlin und beschäftige mich mit der Industrie der Dinge. Führ du deine Lederhose aus und misch dich unter die Silicon Valley Stars und Sternchen.“ Stefans begeisterter Jauchzer entlockte ihr ein Lächeln. Die Dynamik der Jugend.

Ihr Smartphone auf dem Tisch vibrierte. Es war ihre Freundin Mo. Das musste warten. Ingrid musste los. In einer knappen Stunde trafen sich die Experten, um die Ideen von Ioanas Smart City Solutions Projekts zu bewerten.

Sie war gespannt, welche der Kandidaten das Rennen machen würden.

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2022-06-13T16:49:32+01:00

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